Prof. Dr. Renate Zimmer

Ich betrachte Bewegung, Spiel und Sport in der Schule als als ein wichtiges, unersetzbares Bildungspotenzial. Bildung bedarf der körperlich-sinnlichen Erfahrungen, der „Erfahrung am eigenen Leib‘“, sie ist  unverzichtbar für eine umfassende, humane Bildung.  In der  Schule gilt es auch, die Kultur des Körpers und der Sinne zu fördern und so primäre, unmittelbare Lernerfahrungen zu machen.

In kaum einem anderen Fach der Schule gibt es zum Beispiel  so vielfältige Gelegenheiten für soziale Lernprozesse und zum Erwerb sozialer Kompetenzen. Hier können  elementare Regeln des sozialen Zusammenlebens erfahren und geübt werden.

Bewegung ist ein Mittel der Begegnung, Kinder und Jugendliche stehen in unmittelbaren Kontakt mit anderen, sie spielen mit- aber auch gegeneinander, handeln Regeln aus und nehmen unterschiedliche Rollen ein. Bewegung, Spiel und Sport können dazu beitragen, dass Kinder lernen, auf andere einzugehen, die Perspektive des anderen zu berücksichtigen und Regeln je nach den Erfordernissen der Situation flexibel zu handhaben. Das gemeinsame Spiel in leistungsheterogenen Gruppen kann dabei ebenso erlernt werden wie Toleranz im Umgang mit  Unterschieden.

Zur Erfüllung des Bildungsauftrags der Schule können Bewegung, Spiel und Sport in hohem Maße beitragen. Ein pädagogisches Konzept, das auf der Grundlage des Zusammenwirkens von Bewegung, Wahrnehmung, Denken, Erleben und Handeln konzipiert ist, wird zu einer vielseitigen, nachhaltigen Bildung von Kindern und Jugendlichen   beitragen. Die Botschaft müsste heißen: Den Körper zum Verbündeten zu gewinnen und ihn nicht als Gegenspieler zu betrachten, Bewegungsdrang nicht zu unterdrücken, sondern ihn konstruktiv im Sinne einer Entwicklungsförderung zu nutzen. Die Kultur des Körpers muss nicht in Konkurrenz zur Kultur des Geistes stehen. Beides miteinander zu verknüpfen und damit Synergieeffekte zu erzielen sollte Ziel anstehender Bildungsreformen sein.

Prof. Dr. Renate Zimmer ist Erziehungswissenschaftlerin mit dem Schwerpunkt „Frühe Kindheit“ und Professorin für Sportwissenschaften an der Universität Osnabrück. Sie leitete bis zum 31.03.2016 das Institut für Sport- und Bewegungswissenschaften. Seit 2007 ist sie Direktorin des Niedersächsischen Instituts für Frühkindliche Bildung und Entwicklung (nifbe).